Der Name Welter ist in vielfältiger Weise nicht nur eng mit dem SSV verbunden, sondern er ist fest verankerter Teil des Vereins vom Kieselborn. Einer dieser festen Bestandteile – nämlich Bernd Welter – wird ab der beginnenden neuen Zeitrechnung nach Corona seine zuletzt über 14-Jahre intensiv gelebte Rolle des Nachwuchstrainers verändern und zunächst in den temporären Unruhestand treten.
Wie bist du vor 14 Jahren (2006) eigentlich in die Rolle des Jugendtrainers gekommen?
Rund um das Sommermärchen 2006 hat mich im Prinzip mein Sohn Joel dazu geführt, als Bambini Trainer anzufangen. Er war begeistert mit dem Ball unterwegs und wollte gerne Fußball spielen. Ich habe mich im Verein umgehört und erfahren, dass der damalige Bambini-Trainer mit seinem Sohn in die F-Jugend geht und der Posten neu zu besetzen wäre. Und so bin ich in das Amt gekommen. Trotz B-Lizenz, die ich zu der Zeit schon hatte, habe ich mich dann erst mal auf den Lehrgängen des FV Rheinland getummelt und mir ein Bild von dem gemacht, was als Bambini Trainer von mir zu erwarten ist und worauf es ankommt. Das war auch für mich eine spannende Zeit, in der ich zunächst einmal viel über Kinderfußball lernen musste. Rückblickend betrachtet bin ich meiner Familie unendlich dankbar, dass ich diese Tätigkeit über so viele Jahre machen konnte, weil es mir immer Spaß gemacht hat. Meinem Sohn Joel, mit dem ich angefangen habe, der aber in all den Jahren nie ein enttäuschtes Wort darüber verloren hat, wenn ich ihn bei Spielen nicht gucken konnte, weil ich mit seinem kleinen Bruder unterwegs war. Dann meinem Sohn Noah, der die nicht immer einfache Situation „Vater und Trainer“ aus meiner Sicht absolut klasse gemeistert hat. Und nicht zuletzt meiner Frau Birgit, die meine Abwesenheiten wegen und rund um den Fußball in all den Jahren mitgemacht hat.
Welche besonderen Momente werden dir stets in Erinnerung bleiben?
Es gab natürlich einige geile Siege die wir feiern durften, aber auch bittere Niederlagen an die ich mich gut erinnere. Da fällt mir ein Sieg in der D-Jugend im letzten Saisonspiel in Engers ein, der den Aufstieg in die Bezirksliga bedeutete. Wir haben lange gezittert, bis die erlösenden Tore fielen.
Ganz schlimm war für die Kids damals eine Pokalniederlage in Thalhausen im Elfmeterschießen. Thalhausen hat gefühlt einmal, in der letzten Minute des Spiels auf`s Tor geschossen, damit den Ausgleich erzielt und das anschließende Elfmeterschießen gewonnen. Ich habe weder davor, noch danach ein Spiel gesehen, in dem eine Mannschaft so überlegen war und am Ende doch verloren hat. Da sind einige Tränchen geflossen.
Aber mehr als an einzelne Spiele erinnere ich mich an viele ganz besondere Kinder, die ich trainiert habe, die richtig viel Talent haben und auf deren weitere Entwicklung im Seniorenbereich ich gespannt bin.
Am meisten werden mir wohl die Momente mit den unterschiedlichen Trainerteams in Erinnerung bleiben. Um keinen zu vergessen, werde ich sie jetzt nicht alle aufzählen, aber es waren immer tolle Jungs und Typen mit denen ich zusammen arbeiten durfte. Zwei möchte ich aber exemplarisch erwähnen: zum einen Jürgen Kern, mit dem ich die längste Zeit als Trainer und zuletzt als Teammanager verbracht habe und auf den ich mich in all den Jahren immer 100 % ig verlassen konnte. Und zum anderen Andreas Gruber, mit dem ich die letzten Jahre zusammengearbeitet habe. Ich habe selten so einen anständigen, loyalen und tollen Menschen kennengelernt, der darüber hinaus eine riesige Fußballkompetenz besitzt und selbst in hektischen Momenten, die der Fußball und das Drumherum nun mal mit sich bringt, immer sachlich und korrekt geblieben ist. Da sind mir schon eher mal die Gäule durchgegangen.
Welche Enttäuschungen musstest du durchleben?
Enttäuscht war ich immer dann, wenn ich eines der Kinder auf dem Weg bis jetzt zur B-Jugend verloren habe. Am meisten, wenn sie ganz dem Fußball entsagt haben und sich einer anderen Sportart widmen wollten. Das waren dann natürlich die Momente, in denen man sich selbst hinterfragt hat. Hätte man was anders machen können? Würde er noch weiterspielen, wenn Du dies oder das anders gemacht hättest?
Was ich auch nie verstanden habe, bzw. verstehen werde, sind die egoistischen Einstellungen mancher Eltern und Kinder, denen es immer nur auf die eigenen Interessen ankam und denen in all den Jahren nicht zu vermitteln war, dass es im Fußball immer nur um die Mannschaft geht und die eigenen Interessen auch mal hinten anstellen muss.
Was kannst du angehenden jungen Nachwuchstrainern mit auf den Weg geben (im Umgang mit Kindern, Jugendlichen und auch Eltern)?
Das wichtigste ist erst mal der Aufbau einer guten theoretischen Grundlage. Nur Fußball gespielt zu haben reicht nicht aus, um ein guter Jugendtrainer zu werden. Die charakteristischen Merkmale, die das Alter in den verschiedenen Jugendmannschaften mit sich bringt, muss man kennen, um auch richtig reagieren und trainieren zu können. Dazu bietet der Verein mit den Angeboten über den FV Rheinland ja gute Möglichkeiten.
Dann ist es aus meiner Sicht wichtig den Kindern und Jugendlichen gegenüber ehrlich zu sein und Versprechungen einzuhalten. Egal welches Alter, sie merken sich, wenn man ihnen etwas erzählt, was nicht stimmt oder sich nicht an Zusagen hält. Ganz besonders, wenn man einem weniger begabten Kind Spielzeiten zugesagt hat. Die muss es dann auch bekommen, sonst verliert es die Lust. Auch wenn man dadurch vielleicht ein Spiel verliert, verliert man andernfalls vielleicht ein Kind auf dem Weg zum Seniorenbereich.
Im Umgang mit den Eltern bin ich immer gut gefahren, wenn ich vor und mitten in der Saison einen Elternabend gemacht habe und klar kommuniziert habe, was ich von ihnen und den Kindern erwarte. An diese Vorgaben sollte man sich natürlich dann auch halten und wenn es nicht geht, sollte man schnell kommunizieren, warum es nicht geht. Dabei ist das gesprochene Wort immer noch besser als eine Mail. Wenn man eine Mail raushaut, sollte man vorher drüber geschlafen haben und vielleicht noch mal jemanden drüber lesen lassen. Ich hatte mit meiner Frau und Grubi immer Menschen, die meinen akuten Frust dann vielleicht auch mal relativiert und mich ausgebremst haben – im Nachhinein war es immer gut so. Aber was gesagt werden muss, muss auch gesagt werden. Da muss man die Konfrontation auch mal annehmen.
Wie würdest du für einen Nachwuchstrainer das Wort Erfolg definieren?
Ich sehe es als Erfolg an, wenn es einem Trainer gelingt, weniger talentierte Kinder zu verbessern und vor allem ihnen dauerhaft den Spaß am Fußball zu vermitteln. Ein ohnehin schon talentiertes Kind vernünftig zu trainieren ist da wesentlich einfacher. Es geht aus meiner Sicht darum, langfristige Erfolge zu erzielen. Ich habe insbesondere in anderen Mannschaften einige Trainer erlebt, denen es nur darum ging, mit allen Mitteln ein einziges Spiel zu gewinnen. Wenn ich dann gesehen habe, wie viele Kinder auf der Ersatzbank saßen und nur zuschauen durften, hat mir das sehr leid getan.
Gibt es Dinge, die du aus heutiger Sicht anders machen würdest?
Natürlich gibt es Dinge, die man im Nachhinein vielleicht anders hätte lösen können. Aber letztlich habe ich Entscheidungen, die ich getroffen habe, immer mit meinem Team abgesprochen. Das war mir wichtig, da ich mich immer als Teamplayer gesehen habe. Natürlich musste einer dann die Verantwortung übernehmen und die Entscheidungen kommunizieren. Das konnte ich mit gutem Gewissen tun, weil sie im Team abgesprochen waren. Insofern hätten wir sie in der jeweiligen Situation wahrscheinlich wieder genauso entschieden.
Wie wird es mit deiner Leidenschaft für den Fußball und der Verbundenheit zum SSV denn jetzt weitergehen?
Natürlich werde ich das Geschehen im SSV immer verfolgen. Ich hoffe, dass ich meine eigenen Jungs noch oft auf dem Platz sehen kann und freue mich darauf mir die Spiele der Jugendmannschaften und der Senioren als Fan anzusehen.
Überwiegt am Ende für dich die Erleichterung jetzt erst einmal aus der Rolle mit viel Verantwortung raus zu kommen, oder ist es vielleicht schon ein wenig Wehmut nicht mehr alles hautnah erleben zu können?
Es ist von allem ein wenig. Ich habe das, was ich gemacht habe, immer mit viel Spaß und Leidenschaft gemacht. Am Ende meiner letzten Trainingseinheit mit den Jungs habe ich ehrlich gesagt nicht mehr viele Worte zusammen bekommen. In dem Moment ist mir noch mal richtig bewusst geworden, dass die Tätigkeit als Jugendtrainer für mich kein Job, sondern eine Herzensangelegenheit war. Wenn aus den Jungs, denen du gefühlte hunderte Male die Schuhe gebunden hast, nun junge Männer geworden sind, von denen Du dich verabschiedest, ist das schon ein Lebensabschnitt, den man gerade beendet. Da kam schon eine gute Portion Wehmut auf.
Zum Schluss möchte ich mich noch bei den vielen Eltern bedanken, die mich in den Jahren unterstützt haben und bei allen, die mit mir in den Trainerteams die Mannschaften betreut haben. Ganz besonders auch bei unserem Jugendleiter Jörg Emmerich, unter dessen Führung wir als Trainer im Jugendbereich des SSV viel Gutes bewegen konnten.
Jetzt ist es aber auch mal Zeit für jüngere und andere Trainer mit neuen Impulsen. Ich bin und bleibe ein Hartplatzkicker und habe mich auf der Asche immer wohl gefühlt. Insofern kommt mein Abschied zusammen mit dem Ende des Hartplatzes vielleicht auch genau zur rechten Zeit. Ich bin nun auch froh, mir jetzt mal Zeit für Dinge zu nehmen, die in den letzten Jahren zu kurz gekommen sind. Unser Garten, spontane Touren mit meiner Frau oder regelmäßiges Training bei den Alten Herren.
Natürlich wird man mich noch regelmäßig auf dem Platz sehen – wenn auch nicht als Trainer.
Für solch eine Leistung und Engagement über beinahe Jahrzehnte hinweg reicht es sicherlich nicht aus, einfach nur Dankeschön zu sagen. Dennoch möchte der SSV (und stellvertretend der aktuelle Vorstand) die Gelegenheit auch über digitale Medien ergreifen und für sowi vor Bernd Welter den vielbesagten virtuellen Hut ziehen und sich tief verneigen.
Danke, Danke, Danke Bernd!!!!!