Zwei Instanzen – zwei verschiedene Meinungen – kein Wiederholungsspiel
In der Sportrechtssache aus dem Spiel des Kreispokalhalbfinals SG Niederbreitbach – SSV Heimbach-Weis vom 16.08.2020 hat nun aktuell die Bezirksspruchkammer Ost, als zweite Instanz, ein weiteres Urteil gefällt. Die Bezirksspruchkammer kommt, entgegen dem Urteil der Kreisspruchkammer, zum dem Beschluss, dass die mit einen Regelverstoß des Schiedsrichters stattgefundene Begegnung nicht mehr wiederholt werden muss. Somit wird das erste Urteil der Kreisspruchkammer aufgehoben.
Was war geschehen?
Wir erinnern uns kurz zurück: Beim Kreispokalhalbfinale am 16.08.2020 in Niederbreitbach erhielt ein Akteur der Heimmannschaft etwa 4 Minuten vor Spielende (inklusive Nachspielzeit) zum 2. Mal eine gelbe Karte und hätte in der Folge mit der Ampelkarte das Spielfeld verlassen müssen. Beide Gerichte kamen nach Zeugenbefragung (u.a. der leitende Schiedsrichter) einhellig zu der Erkenntnis, dass es zweifelsohne 2 Gelbe Karten für den genannten Spieler gegeben haben muss. Der Spieler wurde jedoch durch den Schiedsrichter dann fälschlicherweise nicht des Feldes verwiesen und Niederbreitbach konnte die Partie vollzählig zu Ende verteidigen.
Der SSV hatte jedoch hingegen in der 81. Minute, nach einer Gelb/Roten Karte und dem fälligen Platzverweis gegen einen eigenen Spielers, in Unterzahl agieren müssen und sah sich dadurch offensichtlich benachteiligt. Die (Sport-) Rechtsordnung des Verbands (§14 Ziffer 5) sagt aus, dass als Protestgrund gegen die Wertung einer Partie, ein Verstoß gegen die Fußballregeln oder Spielordnung geltend gemacht werden kann.
Ausschlaggebend für die Urteilsbegründung beider Gerichte war nun der 2. Absatz des §14 Ziffer 5:
“Wird der Protest mit einem Regelverstoß des Schiedsrichters begründet, muss dieser geeignet gewesen sein, auf das Spielgeschehen oder das Spielergebnis entscheidenden Einfluss auszuüben“.
Regelverstoß als unstrittig anerkannt
Beider Gerichte anerkannten, wie erwähnt, einhellig einen vorliegenden Regelverstoß des Schiedsrichters, der den zum zweiten Male verwarnten Spieler des Feldes hätte verweisen müssen.
Die Kreisspruchkammer kam dann auch zu dem Ergebnis, das dieser Regelverstoß geeignet war, um einen entscheidenden Einfluss auf das Spielgeschehen o d er das Spielergebnis ausgeübt zu haben. Soll heißen, es bestand eine eindeutige und reelle Möglichkeit für den SSV in den letzten verbleibenden 4 Spielminuten gegen einen Gegner in Gleichzahl, weiter erhöhte Chancen auf einen Torerfolg gehabt zu haben, um den Ausgleich zu erzielen und damit über die Spielverlängerung hinaus auch noch einen Sieg erreichen zu können. Aber, die Geschichte ist bekannt, Niederbreitbach konnte vollzählig die enge Spielsituation hinter sich bringen.
Können die letzten Spielminuten bedeutsam sein?
Fußballer wissen aus eigener oder auch beobachteter Erfahrung, wie spielentscheidend und dramatisch gerade die „letzten Minuten“ einer Begegnung und insbesondere einer Begegnung mit Pokalcharakter sein können. Die letzten 4 Minuten eines Spiels beim Stande von 1:0 sind somit nicht mit den ersten 4 Minuten einer Partie zu vergleichen, oder mit denen zwischen der 60.-70. Minute. Verrückte und dramatische Dinge können in diesen letzten drängenden Minuten geschehen, gerade wenn es sogenannte K.O.-Spiele sind. Denken wir nur an Partien wie z.B. das Champions League Finale von 1999 zurück (Sorry Bayern Fans). Aber auch in der Kreisliga kennen wir regelmäßig solche Last-Minute Dramen (z.B. SSV-Relegation 2017 gegen Niederahr). Spielt dann die angreifende Mannschaft gegen einen Gegner, der zu Unrecht einen Spieler mehr auf dem Feld hat, dann darf man hierbei doch getrost von einer Benachteiligung ausgehen. Ansonsten würde ja ein Feldverweis die Wirksamkeit als Mittel einer Bestrafung nicht mehr erfüllen und somit auch zukünftig keinen Sinn mehr machen.
Bezirksspruchkammer kippt Urteil – ständiges Schiedsgericht jetzt nächste Instanz
Nun befand also die zweite und nächste Instanz, die Bezirksspruchkammer, auf keinerlei Relevanz des festgestellten Regelverstoßes, in Bezug auf seinen Einfluss auf das Spielgeschehen oder das Spielergebnis und hob das erstinstanzliche Urteil der Kreisspruchkammer auf. Somit soll es zu keiner Wiederholung der Halbfinalpartie kommen. Der SSV hält sich nun das Recht vor, den Vorgang auch exemplarisch für nachfolgend ähnlich gelagerte Fälle, zum Ständigen Schiedsgericht des FVR zu bringen.